Europa

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Europa ist ein Kontinent, der geografisch und kulturell vielfältig ist. Im Kontext der Logistik ist Europa vor allem ein bedeutender Wirtschaftsraum mit einer hohen Dichte an Handelsbeziehungen und einer hochentwickelten Infrastruktur.[1] Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Europäische Union (EU) mit ihren Institutionen und Regelwerken, die viele Aspekte des grenzüberschreitenden Warenverkehrs prägen.[2]

Bedeutung für die Logistik

Europa als zusammenhängender Wirtschaftsraum ist einer der größten Märkte der Welt.[2] Die Logistik ermöglicht hier den Austausch von Waren und Dienstleistungen. Wesentliche Faktoren, die die Logistik in weiten Teilen Europas erleichtern, sind:

  • Der Europäische Binnenmarkt: Innerhalb der EU garantiert er grundsätzlich den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen und reduziert dadurch Handelshemmnisse.[3] Unternehmen erhalten Zugang zu einem großen Markt und profitieren von vereinfachten Handelsprozessen durch Standardisierung.[4]
  • Der Schengen-Raum: Er ermöglicht das Passieren von Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten in der Regel ohne Personenkontrollen, was den Güterkraftverkehr beschleunigen kann.[5] Warenkontrollen können jedoch weiterhin stattfinden, und bei besonderen Lagen können temporäre Binnengrenzkontrollen wiedereingeführt werden.[6]
  • Weitgehend harmonisierte technische Normen und Standards in vielen Bereichen, beispielsweise durch Technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) im Eisenbahnverkehr, welche die grenzüberschreitende Nutzung der Infrastruktur erleichtern.[7]

Infrastrukturelle Rahmenbedingungen

Eine leistungsfähige Infrastruktur ist die Basis für Logistikprozesse. Europa verfügt über weitverzweigte Netze für verschiedene Verkehrsträger:

  • Das Straßennetz bildet oft das Rückgrat des Gütertransports. Die Gesamtlänge der Straßen in der EU-27 umfasst mehrere Millionen Kilometer.[8] Das Autobahnnetz in der EU hatte bereits 2010 eine Länge von über 69.000 km.[9]
  • Das Schienennetz ist ebenfalls von großer Bedeutung, insbesondere für den Transport über mittlere und lange Distanzen sowie für Massengüter. Die Gesamtlänge des Schienennetzes in den EU-Mitgliedstaaten betrug 2021 rund 201.000 km.[10] Das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz umfasste Ende 2017 über 9.000 km.[7]
  • Binnenwasserstraßen (Flüsse und Kanäle) ergänzen das Netz und sind vor allem für den kostengünstigen Transport großer Gütermengen wichtig. Das Netz schiffbarer Wasserstraßen in der EU erstreckt sich über ca. 42.000 km und verbindet über 250 TEN-V-Binnenhäfen.[11]
  • Zahlreiche Seehäfen und Flughäfen dienen als internationale Drehkreuze und verbinden Europa mit dem Rest der Welt.

Auf europäischer Ebene gibt es Bestrebungen zur Koordination und zum Ausbau dieser Infrastrukturen:

  • Die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V): Dies ist ein Programm der EU zur Förderung wichtiger Verkehrsverbindungen (Straße, Schiene, Wasserstraße, Häfen, Flughäfen), um den Kontinent besser zu vernetzen. Es besteht aus einem Gesamtnetz (Fertigstellung bis 2050 geplant) und einem Kernnetz (Fertigstellung bis 2030 geplant), das die strategisch wichtigsten Knoten und Verbindungen umfasst.[12] Die Finanzierung erfolgt u.a. über die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF).[13] Die TEN-V Kernnetzkorridore definieren dabei die wichtigsten Achsen für den Güterverkehr über verschiedene Verkehrsträger.[12]
  • Ähnliche Konzepte gibt es für Energienetze (TEN-E), die für die Energieversorgung der Logistik (z.B. elektrischer Strom, Rohrleitungen für Gas/Öl/Wasserstoff) relevant sind.[14]

Regulatorische Aspekte (Beispiele)

Die Logistik in Europa wird durch eine Vielzahl von Regelwerken beeinflusst, insbesondere innerhalb der EU. Beispiele hierfür sind:

  • EU-weite Regelungen zu Lenk- und Ruhezeiten im Güterkraftverkehr, festgelegt in der Verordnung (EG) Nr. 561/2006.[15]
  • Der Zollkodex der Union, der die Zollverfahren innerhalb der EU Zollunion vereinheitlicht.[16]
  • Vorschriften zur Ladungssicherung, die zwar oft national umgesetzt werden, aber auf europäischen Richtlinien oder Normen basieren können.[17]
  • Regelungen zu Gefahrguttransporten auf der Straße, die durch das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) international harmonisiert sind.[18]

Abgrenzung: EU vs. Nicht-EU-Europa

Es ist wichtig zu unterscheiden: "Europa" ist geografisch größer als die Europäische Union. Für Länder außerhalb der EU (z. B. Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein – die teilweise über den EWR[19] oder bilaterale Abkommen[4] eng angebunden sind – sowie Großbritannien nach dem Brexit, Balkanstaaten, Osteuropa außerhalb der EU) gelten andere Regelungen. Hier spielen insbesondere Zollgrenzen, abweichende Vorschriften und spezifische Handelsabkommen eine wichtige Rolle für Logistikprozesse.[20]

Einzelnachweise

  1. Bundeszentrale für politische Bildung: Wirtschaftsraum Europa
  2. 2,0 2,1 Europäische Union: Wie die EU funktioniert
  3. Europäische Kommission: Der EU-Binnenmarkt: Allgemeine Grundsätze
  4. 4,0 4,1 IHK Ratgeber: Der Europäische Binnenmarkt - Vorteile für Unternehmen
  5. Bundesministerium des Innern und für Heimat: Freizügigkeit und Grenzkontrollen - Schengener Grenzkodex
  6. Europäischer Rat: Temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen
  7. 7,0 7,1 Europäische Eisenbahnagentur (ERA): Transeuropäisches Eisenbahnsystem
  8. Statistisches Bundesamt (Destatis): Straßennetz
  9. Eurostat: Road freight transport statistics
  10. Hinweis: Basis sind ERA-Daten, Größenordnung vgl. Liste der Länder nach Eisenbahnnetzlänge (Wikipedia)
  11. Europäische Kommission, Mobilität und Verkehr: Inland waterways
  12. 12,0 12,1 Europäische Kommission: Transeuropäisches Verkehrsnetz (TEN-V)
  13. Bundesministerium für Digitales und Verkehr: Connecting Europe Facility (CEF)
  14. Europäische Kommission: Transeuropäische Energienetze
  15. Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM): Sozialvorschriften im Straßenverkehr / Lenk- und Ruhezeiten
  16. Zoll online: Unionszollkodex
  17. Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW): Ladungssicherung
  18. Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW): Gefahrguttransport
  19. Bundeszentrale für politische Bildung: Europäischer Wirtschaftsraum (EWR)
  20. Europäische Kommission: Handelspolitik und Handelsabkommen

Siehe auch